Herr Rüger grillt Steaks.

Erst die Arbeit - dann das Vergnügen. Herr Rüger hat sich dieses Wochenende wieder einmal einem seiner vielen Laster hingegeben: Rindfleisch.

Nach einem sehr angenehmen Einkauf beim Metzger des Vertrauens, schleppte Herr Rüger dann ein massiges Stück Entrecote samt Knochen nach Hause und freute sich ingsgeheim schon beim Tragen auf das Abendessen.

Dry Aging - die Kunst des Wartens. Rindfleisch weist unter den zum Verzehr genutzten Fleischsorten mit die festeste Fleischstruktur auf. Ein zartes Stück Fleisch vom Rind auf den Teller zu bekommen, gestaltet sich dementsprechend nicht immer ganz so einfach, wie man glauben möchte. Beim frisch geschlachteten Rind ist das Fleisch zunächst noch genießbar, wird aber mit dem Einsetzen der Muskelnontraktion nach Abbau der Glykogenreserven zu einem eher fragwürdigen Fleichgenuss werden. Dennoch gibt uns die Natur eine recht simple und geniale Lösung vor: Fleischreifung.

Wenn sich nach der Schlachtung alle Muskelfasern verkrampft haben, gilt es, das Fleisch unter genauestens kontrollierten Bedingungen zu reifen. Bei der Reifung zersetzen Enzyme das Muskelprotein zu zersetzen und lockert so die durch die Muskelkontraktion eingetretene Festigkeit des Fleisches. Bereits minimale Temperaturfehler lassen in dieser Phase der Reifung die erhofften, butterweichen Steaks zu unkaubaren Schuhsolen werden. Somit entscheidet sich bereits kurz nach der Schlachtung, ob ein Stück Fleisch als edles dry-aged Grillstück oder als Gulasch endet. Diese erste Phase der Reifung dauert ca. sieben Tage und dient fast ausschließlich der Verbesserung der Zartheit des Fleisches. In der zweiten Phase passiert nun ein kleines Wunder, das einem Fleischliebhaber das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt: Enzyme zersetzen Glykogen in Glykose und Proteine in Aminosäuren und Fette in Fettsäuren. Dieser kleine Ausflug in die organische Chemie generiert den einzigartigen Geschmack trockengereiften Fleisches. Bei nassgereiftem Fleisch findet auch ein Reifeprozess fest, allerdings entstehen hierbei mehr Milchsäuren und das Fleisch riecht in den ersten Minuten nach dem Öffnen des Beutels noch leicht säuerlich. Führt man nun einem so mindestens 21 Tage gereiften Stück Fleisch Hitze zu, verwirbelt sich die ganze Chemie noch einmal und erzeugt den sattig nussigen Geschmack, der für trockngereiftes Fleisch so kennzeichnend ist.

 

Der Profi findet hierzu allerdings auch noch genauere Worte: Wichtig für den perfekten Reifeprozess ist das Klima. Eine genau abgestimmte und kontrollierte Temperatur und Luftfeuchtigkeit sowie eine stabile Raumatmosphäre sind unumgänglich für einen vom Erfolg gekrönten Reifeprozess, denn zwischen Reifung und Verwesung liegt nur ein schmaler Grat. Eine Reifezeit von vier Wochen sollte die Regel für trockengereiftes Fleisch sein, der Profi erachtet eine Reifedauer von sechs bis acht Wochen als optimal.

Auch bei der Zubereitung macht sich die Reifedauer des Fleisches bemerkbar, verliert doch dieses während der Reifeperiode enorm an Gewicht, wird kompakter und lässt dementsprechend auch beim Anbraten nahezu kein Wasser. Gerade wegen des Gewichts- bzw. Flüssigkeitsverlustes sollte Fleisch am Knochen gereift werden. Trockengereiftes Rinderfilet hingegen wird man in der Regel bei keinem Metzger finden, ist es doch vom Volumen her zu klein und trocknet dementsprechend schnell aus.

Warum trockengereiftes Fleisch? Die Antwort auf diese Frage ist recht einfach: Weil es einfach super schmeckt! Und gerade bei qualitativ hochwertigen Fleisch hält sich auch der Streß in der Küche in Grenzen, denn was will man mehr, als ein paar Kartoffeln, ein Wenig Sour Creme und evtl. - aber nur, weil gerade Saison ist - ein leichter Salat von grünem Spragel mit Erdbeeren?

Quellen:

  • BEEF!, Steaks - Meisterstücke für Männer, S.39 ff..
  • Barbara Kröder, Nestlé Professionals, Interview mit Metzgermeister Thomas Reichert.

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Julia (Sonntag, 17 Mai 2015 16:35)

    Einfach genial LECKER!

  • #2

    Thomas Reichert (Sonntag, 17 Mai 2015 17:36)

    Bravo Herr Rueger, sieht sehr, sehr lecker aus!!

"Herr Rüger kocht." auf Facebook:

"Herr Rüger kocht." auf Instagram: