Herr Rügers Gespür für Steaks.

Steakology. So könnte man die niemals endende Suche nach dem perfekten Steak beschreiben. Es geht ja schließlich nicht nur darum, ein Stück Rindfleisch auf den Grill zu legen, sondern vielmehr auch um die Art der Zubereitung und das Fleisch  selbst. Herr Rüger bezieht seit sein Rindfleisch fast ausschließlich von seinem Metzger des Vertrauens und dies aus gutem Grund. Einerseits kann einem ein guter Metzger genaue Auskunft über die Herkunft, Aufzucht und Mast des Tieres, das da gerade in Teilen in der Fleischtheke liegt geben oder wie lange das Fleisch reifen durfte, andererseits bekommt man bei einem guten Metzger neben zahlreichen hilfreichen Hinweisen zur Zubereitung in der Regel auch jeden denkbaren Zuschnitt. Doch eben diese Metzger sind auch gefährlich. verlässt man die Läden in der Regel doch mit mehr Fleisch als man eigentlich kaufen wollte.

 

Herr Rüger schrieb bereits in einem vorherigen Blogbeitrag über die Trockenreifung von Rindfleisch, sodass heute am Beispiel eines acht Wochen trockengereiften und ca. ein Kilogramm schweren Côte de Boeufs - wir nennen dieses tolle Stück Fleisch jetzt einfach frei nach dem Motto "Nenn ich Dich, dann kenn ich Dich." Ernst-Otto, den  - auf die Garstufen näher eingegangen werden kann.

 

Würzen: Vor oder nach dem Anbraten?

>> Salz entzieht dem Fleisch Wasser, deshalb salze ich das Steak erst nach dem Anbraten. << Diese Aussage stimmt nur zum Teil. Klar, Salz wirkt hygroskopisch und entzieht dementsprechend dem Fleisch auch Wasser, allerdings müsste man ein Steak schon in Salz vergraben und dort mehrere Stunden liegen lassen, um eine Veränderung des Fleisches zu erzielen. Bestreut man das Fleisch vor dem Anbraten mit Salz, lässt dieses ein paar Minuten einziehen, klopft dann eventuell vorhandenes überschüssiges Salz ab und legt das Steak dann in eine heiße Pfanne, ist dies keineswegs schlimm: Salzt man das Fleisch vor dem Anbraten, kann das Salz gut in die Oberfläsche einziehen und hilft beim Erzeugen der Röstaromen beim Anbraten. Mehr als Salz sollte man das Steak aber nicht würzen, denn gerade Pfeffer und andere Gewürze verbrennen bei entsprechend hohen Temperaturen und erzeugen hierbei Bitterstoffe. Auch Ernst-Otto wurd vor dem Anbraten erst einmal gesalzen und etwas massiert.


Anbraten: Feuer frei!

Es gibt mindestens tausend Wege, ein Steak zu garen. Vom Rückwärtsgaren über das Sous-Vide-Garen bis hin zum einfachen Anbraten ist nahezu alles möglich. Gemein haben alle Verfahren eines: Entweder vor oder nach dem Garziehen im Ofen sollte das Steak in eine heiße Pfanne gelegt werden. Und heiß meint hier wirklich heiß. Ernst-Otto wurde nach dem Salzen in eine auf Volllast aufgheizte gusseiserne Grillpfanne gelegt und von allen Seiten scharf angebraten. Gerade für das Anbraten lohnt es sich immer, den Fettdeckel ("Ribeye-Deckel") am Fleisch zu lassen. Beginnt man das Anbraten nämlich auf der mit diesem Fettdeckel bedeckten Seite, schmilzt gerade bei trockengereiftem Fleisch das Fett nur so dahin und ummantelt mit seinem nussigen Aroma so am Ende das ganze Fleisch.


Garziehen: Low and slow.

Gerade bei größeren Fleischstücken wie Ernst-Otto, einem Chateau Briand oder einem Roastbeef sollte man das Fleisch nach dem Anbraten im Ofen garziehen. Bei Temperaturen zwischen 100°C und 150°C gelingt dies in der Regel am besten. Eine lohnende Investition ist hierzu ein Kerntemperaturfühler, denn der Drucktest, der bei schmaleren Zuschnitten noch gut funktioniert, kann bei einem ca. sechs Zentimeter dicken Ernst-Otto auch zu ungewollten Ergebnissen führen. Hat man das Thermometer im Blick, ist die Kontrolle des Gargrades relativ einfach:

 

38°C - 45°C  |   blau / bleu / blue rare

Fast rohes Fleisch mit dunkelrotem bis braunem Fleischsaft.

 

46°C - 52°C  |   Blutig /saignant / rare

Im Kern rohes Fleisch mit dunkelrotem Fleischsaft.

 

54°C - 55°C  |   englisch / á point anglaise / medium rare

Im innersten Kern rohes Fleisch mit rötlichem Fleischsaft.

 

56°C - 58°C  |   rosa / anglaise / medium

Halb durchgerbatenes Fleisch mit rosa Fleischsaft.

 

ab 60°C        |   halbrose bzw. durch / demi-anglaise bzw. bien cuit / medium well bzw. well done

Fast durchgebratenes bzw. durchgebratenes Fleisch mit zunehmend heller werdendem Fleischsaft.

(vgl. Beef!, Steaks, S. 58)

 

Unser Ernst-Otto wurde bei einer Kerntemperatur von 54°C beim Saunieren unterbrochen, aus dem Ofen geholt und durfte dann erst einmal ruhen.


Ruhen: Der Power Nap.

Auch Steaks brauchen ab und an ihre Ruhe. Schneidet man ein Steak direkt nach dem Garen an, so läuft der Fleischsaft in rasanter Geschwindigkeit aus dem Fleisch und was eben noch zartrosa Freudenschreie hervorrief, erscheint alsbald in einem tristen Grau. Hintergrund ist, dass sich das Fleisch beim Garen zusammenzieht und der Fleischsaft im Kern komprimiert wird. Schneidet man dann direkt ins Fleisch, schießt der Saft quasi unter Druck aus den Fasern. Aus diesem Grund sollte man Steaks wie unseren Ernst-Otto ruhen lassen. Dadurch passt sich die Temepratur an, der Fleischsaft verteilt sich im Fleisch und wird durch die Fleischfasern gebunden. Ein weiteres Phänomen ist, dass das Fleisch während des Ruhens noch etwas nachzieht, auch wenn keine Energie von außen hinzugeführt wird. Dies ist dem Temperaturausgleich und der damit verbundenen Temperaturangleichung zwischen den heißeren äußeren Schichten und den kälteren inneren Schichten geschuldet. Ernst-Otto wurde - wie oben bereits erwähnt - bei einer Kerntemperatur von 54°C aus dem Ofen geholt und durfte sich dann noch ca. zehn Minuten zwischen zwei tiefen Tellern entspannen. Hierbei stieg die Kerntemperatur noch auf 57°C an und Ernst-Otto war bereit für den alles entscheidenden Schnitt.


Totgesagte leben länger.

Ein heikles Moment ist es immer wieder, wenn Gäste ihr Steak anschneiden und hysterisch darauf aufmerksam machen, dass sich Blut auf ihrem Teller befände. Ich kann euch alle beruhigen: Es handelt sich nur um höchst aromatischen Fleischsaft. Wie in der Kerntemperaturübersicht oben beschrieben, wird der Fleischsaft mit steigender Kerntemperatur immer blasser. Dies liegt an der Denaturation des Moleküls Myoglobin, das - und jetzt kommt's - mitunter für die rote Färbung des Muskelfleisches verwantwortlich ist. Das, was da aus dem Steak läuft ist demnach nur eine Rinderkraftbrühe mit nicht zerstörten Myglobinmolekülen und einfach nur lecker. Dass es sich wirklich nicht um Blut handeln kann, liegt einerseits daran, dass auch Rinder beim Schlachten letzendlich durch Blutentzug sterben, andererseits hängt Rindfleisch mindestens eine Woche ab, sodass sich eigentlich kein bisschen Blut mehr im Fleisch befinden kann. Weiterhin tritt auch bei Geflügel und Schweinefleisch Fleischsaft aus, dieser ist nur nicht rot sondern durchsichtig, da diese Tiere wenig bis kein Myoglobin in den Muskeln haben.

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